Sonntag, 6. August 2017

Magische Momente

Heute durfte ich bei VulPro gleich zwei magische Momente miterleben. Diese seltenen Momente mit Gänsehaut pur, Schmerzen in den Wangen vor lauter Strahlen und Tränen vor Rührung in den Augen.
Der ersten Moment ereignete sich gleich früh morgens, als Kerri und ich vor unserem Ausflug nach Nooitgedacht nach unserem Sorgen-Ei schauen wollten. Mitten in der Nacht hatte der Kapgeier-Winzling endlich angefangen sich bemerkbar zu machen. Das wollte ich mir natürlich anhören. Es dauerte eine Weile, dann hörte ich ein leises Klopfen im Ei und kurz darauf ein ganz leises Fiepen. Unser Ei spricht!!! Weil das Küken jedoch überfällig ist, bröckelte Kerri die Eierschale an unserem Frischluftloch etwas weiter auf und die dicke Membran wurde sichtbar. Eigentlich hätte das Küken sie längst mit seinem Eizahn durchbohrt haben müssen, aber offensichtlich braucht es dabei Hilfe. In freier Natur hätte das Küken vermutlich keine Chance gehabt, weil es sehr klein und schwach wirkt und sich nicht richtig im Ei gedreht hatte. Schafft es das Küken nicht rechtzeitig die Membran und Schale zu durchbohren, würde es im Ei sterben. Das wusste Kerri zu verhindern und hat Geburtshilfe geleistet. Durch die dicke Membran konnte sie fühlen, wo sich das kleine Schnäbelchen befindet. Vorsichtig durchtrennte sie an dieser Stelle die Membran und weitete das Loch einige Millimeter, so dass der kleine Geierschnabel gierig nach Luft schnappen konnte. Schnell wurde sein Gefiepe lauter und kräftiger - das schönste Geräusch der Welt!!! Was für ein wunderschöner Moment, wenn plötzlich ein Mini-Geierschnabel aus der Membran aus dem Ei herausschaut und fiept!!! Weil die Blutgefäße in der Membran noch aktiv sind, konnte Kerri im Laufe des Tages die Öffnung nicht vergrößern. Erst müssen die Gefäße austrocknen, dann kann sie dem Küken weiter aus der Schale helfen.
Sonntags bekommen nur die Brutgeier Futter, daher fiel die morgendliche Kontrollrunde schnell aus.
Der Andenkondor-Mann...
...und seine Dame trieben sich noch gemütlich auf ihren Felsen herum.
Das verliebte Ohrengeier-Pärchen ist von unserem Nest-Ausbau noch immer begeistert. Gemeinsam zupften beide Geier am Nest herum und arrangierten die Stöckchen etwas besser, aber die meiste Zeit saßen sie gemeinsam im Nest.
Verliebtes Geschnäbel.
Die Ohrengeier nebenan haben sich heute interessanterweise gar nicht mehr für ihr Nest interessiert.
Palmgeier beim Aufwärmen in der Morgensonne.
Die Wollkopfgeier haben wir gar nicht mehr auf ihrem Nest auf der Brutbox gesehen. Hoffentlich haben wir durch unsere stümperhaften Nestbau-Qualitäten nicht ihren Lieblingssitzplatz ruiniert!?
Auch die Ohrengeier trieben sich genau in der ihrem Nest gegenüberliegenden Ecke der Voliere herum.
Sei es drum, kurz darauf schnappten sich Kerri und ich ihre sechs Hunde und fuhren gemeinsam nach Nooitgedacht.
Eigentlich wollten wir gemütlich die wilden Geier beobachten, aber durch die bevorstehende Kükengeburt änderten sich die Pläne. Jetzt wollten wir hauptsächlich die Geier in der Freilassvoliere füttern, nach dem Rechten sehen und dann leider direkt wieder zurück. Aber das Küken ist natürlich Prio Nummer 1!!! Mir fiel es schon schwer genug es überhaupt zu verlassen, obwohl ich mich natürlich sehr auf den Ausflug nach Nooitgedacht gefreut hatte.
Die Giraffen ließen sich diesmal nicht blicken. Oder sie standen gut getarnt direkt neben der Straße und wir haben sie einfach nicht gesehen!? Mit den vielen Hunden im Auto hätten wir aber sowieso ein Problem gehabt das eventuelle Giraffen-Aas zu transportieren ;-)
Am Geierrestaurant angekommen flatterten Dutzende Geier weg. Bestimmt 60 oder 70, vielleicht sogar noch mehr. Die Armen müssen verzweifelt zwischen den vielen Knochen nach Futter gesucht haben, aber leider gibt es zur Zeit nicht viel. Wie gerne würde ich gleich eine ganze Kuhherde für sie auslegen!!!
Auf der Freilassvoliere saßen wieder einige wilde Geier herum...
...und als wir ankamen begann mein Lieblings-Spektakel von Neuem. Geier überall!!! Über uns und um uns herum!
Was für ein Naturschauspiel, was für ein magischer Ort!!!
Und schon wieder standen mir die Tränen in den Augen, weil der Anblick so überwältigend ist.
Ich wünschte jeder könnte diesen Anblick einmal in seinem Leben genießen. Ich wette die Meinung über Geier würde sich schlagartig bei diesem Anblick ändern, wenn einem die wahre Eleganz dieser wunderschönen Kreaturen bewusst wird. Wie sie mühelos durch die Luft gleiten, zu Hunderten wie ein Tornado kreisen ohne in der Luft zu kollidieren. Völlig frei und losgelöst, Majestäten der Lüfte! Wären sie nicht irgendwann auf Nahrungssuche weitergeflogen und wir in Eile gewesen, dann hätte ich ihnen stundenlang zuschauen können.
Obert und Charles hatten uns netterweise gestern ein paar Schweine zerlegt und in Kisten verpackt, so dass Kerri und ich sie leichter den steinigen Weg vom Auto bis zur Voliere schleppen konnten. Also vier Kisten mit Aasbrocken in der Voliere verteilt und anschließend das Gitter rund um die Voliere kontrolliert, damit keine Raubkatzen, Hyänen und Co unseren Schützlingen zu nahe kommen.
Auch wenn der Ausflug kürzer als geplant war, ich bin wieder hoffnungslos begeistert und ergriffen von diesem wunderbaren Erlebnis!!!
Auf der Rückfahrt kamen wir auch an der Skeerpoort-Kolonie vorbei. Dort leben zur Zeit etwa 289 Kapgeier-Brutpaare, während in Nooitgedacht ca. 120 Kapgeier-Brutpaare leben. Insgesamt wird die Kapgeier-Population auf nur noch ca. 4000 Brutpaare geschätzt. In VulPros Einzugsgebiet haben sich die Kolonien von sinkenden Zahlen auf ein konstantes Niveau verbessert. Jetzt ruhen alle Hoffnungen darauf, dass bald die ersten Zuwachszahlen zu verzeichnen sind.

Zurück bei VulPro schauten wir sofort nach dem Küken. Es scheint kräftiger zu werde und fiepte lautstark vor sich hin. Außerdem trieben sich gut 93 wilde Geier im Geierrestaurant herum, so dass ich gleich auf die Suche nach Flügelmarkierungen ging. Interessanterweise konnte ich aber nur 12 entdecken, darunter fast nur unsere Dauergäste.
Natürlich ließ ich es mir nicht nehmen die Geier noch eine Weile zu beobachten und ihre Essmanieren und Flugkünste zu genießen.
Seit in Nooitgedacht Futter ausgelegt wird, hat sich die Anzahl der wilden Geier bei VulPro etwas verringert. Aber Hauptsache die Geier werden satt!
Heute haben sie endlich angefangen die zwei Wochen alten Ziegen zu futtern. Die Viecher haben hier vor sich hingemodert, aber irgendwie wollten die Geier sie nicht anrühren. Wir hatten sie mehrfach aufgeschnitten, die Seiten gedreht und alles versucht, aber erst jetzt ging das Gefutter los. Wie man sieht sind auch Geier wählerisch, was ihr Futter angeht.
Krallen hoch, Flügel gestreckt und Landeanflug.
Bei der Landung drehen Geier ihre Flügel gegen den Wind und bremsen somit elegant ab, bevor sie ihre Krallen auf dem Boden aufsetzen. Dabei werden die Ausmaße ihrer riesigen Schwingen erst so richtig sichtbar.
Auch eine Besuchsrunde bei den Küken durfte heute nicht fehlen. Die Weißrückengeier-Eltern saßen zwar wieder viel bei ihrem Küken im Nest und haben ihm sogar das Gefieder sauber geschnäbelt, aber von einer Fütterung war nichts zu sehen.
In der Kapgeier-Brutvoliere, Küken Nr.1:
Küken Nr.2:
Küken Nr.3:
Küken Nr.4:
Küken Nr.5:
Mouse sitzt auf ihrem jungen Küken (Nr.6):
Und die Geier ganz oben auf dem Brutfelsen haben uns gestern (oder vorgestern?) mit Küken Nr.7 beehrt.
Sehen kann man das Küken dort oben zur Zeit nicht, aber Kerri hat neuerdings eine tolle Kamera in der Voliere, die entweder den gesamten Brutfelsen anzeigt, sich manuell bewegen lässt oder man wählt eines der einprogrammierten Nester aus und die Kamera schwenkt automatisch dorthin. Ein tolles System und super, um schlecht einsehbare Nester zu kontrollieren, ohne die Geier zu stören.
An so einem wunderschönen Tag hatte wohl nur einer eine beschissene Zeit:
Abendstimmung in der Großvoliere...
...und bei den Weißrückengeiern.
Ich bin noch immer vollkommen geflasht von diesen wunderbaren Ereignissen am heutigen Tag. Auch wenn ich geiermäßig schon so vieles erlebt habe, manche magischen Momente sind einfach unbeschreiblich!!!

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