Sonntag, 13. August 2017

Duisburger Küken (mit 3 Monaten verstorben)

Nach meiner Rückkehr aus dem Geierparadies VulPro wollte ich gegen den Geierentzug direkt das Gänsegeier-Küken im Zoo Duisburg besuchen. Es müsste jetzt über 3 Monate alt und fast ausgewachsen sein. Aber schon von weitem konnte ich sehen, dass das mickrige Nest verschwunden war und kein Geier mehr am Brutplatz neben dem Baum saß. Ein schlechtes Zeichen, da das Küken noch zu jung ist, um großartig im Gehege herumlaufen zu können. Mamageier saß auf einem Baumstamm und Papageier trieb sich am anderen Ende des Geheges herum.
Als ich zufällig einen Tierpfleger traf, fragte ich sofort nach dem Küken. Die ernüchternden, traurige Antwort: Es ist vor einer Woche verstorben! :-( Unglaublich, was geht in diesem Zoo nur vor? Es gibt wohl erstmal nur Mutmaßungen wie Pilzinfektion oder ein "Defekt im Ei" durch den Stress der Vogelgrippe. Merkwürdig, wenn das Ei doch einen "Defekt" hatte, wie kann es dann sein, dass nach eineinhalb Monaten Brüten ein gesundes Küken schlüpft und dieses drei Monate alt wird? Bestimmt nicht mit einem durch Stress verursachten Defizit im Ei!!! Als ich weiterfragte kam heraus, dass das Küken eines Morgens mit gebrochenem Flügel OHNE Bissverletzungen gefunden wurde und dann eingeschläfert werden musste. Deja vu! Genau wie vor 2 Jahren, nur dass das Küken damals zwei gebrochene Flügel hatte. Warum stinkt die ganze Geschichte nur zum Himmel? Schon damals lag erst die Vermutung nahe der wilde Fuchs hätte das Küken angegriffen, aber dann hätte es Bissspuren gehabt. Daher fiel ein weiterer Verdacht auf Vandalen, die nachts in den Zoo kommen, um gezielt Tiere zu quälen. Das ist für mich die plausibelste Lösung, denn wie sollte sich sonst ein gesundes Küken einfach mal eben so die Flügel brechen??? Einfach nur traurig, dass es schon wieder zu so einem tragischen Verlust gekommen ist! Und umso merkwürdiger, dass der Zoo weder darüber berichtet noch für mehr Sicherheit im Zoo bzw. Geiergehege sorgt. Spätestens nach dem zweiten Vorfall sollte doch alles genau aufgeklärt werden, um weitere Vorfälle zu verhindern und die Tiere zu schützen!?
Der Anblick vom erschöpften Papageier war herzzerreißend. Nachdem er durch den Vogelgrippe-Stress so viel Gewicht verloren hatte, dass die Tierpfleger einer Kükenaufzucht in diesem Jahr skeptisch gegenüber standen, hat er zunächst seine Kräfte geschont, um anschließend fit genug fürs Küken zu sein. 3 Monate lang machen seine Geierdame und er einen super Job, ziehen ein traumhaft süßes Küken groß und dann so eine Enttäuschung. Einfach grausam!

Die Überreste eines einst glücklichen Brutplatzes.
Offenbar wurde der Kükenverlust sofort genutzt, um die Wiese im Gehege zu mähen und den großen umgestürzten Baum zu entsorgen.
Auch bei den beiden Ausquartierten nebenan war das Gehege kaum wiederzuerkennen. Ein Baum gefällt, Unkraut gejätet, Laub gefegt und der geliebte Sitzzweig der Geier entfernt!!! Jetzt können sie nur noch auf dem Boden liegen bzw. herumlaufen, aber Sitzäste haben sie nicht mehr! Ich hoffe, dass sie bald einen neuen Sitzast mit rauer Schale bekommen, denn sonst sind Probleme mit den Geierkrallen (wie bumle foot) vorprogrammiert. Geierkrallen sind nicht dafür gemacht rund um die Uhr flach aufgestützt mit vollem Gewicht belastet zu werden!
Nach diesem bedrückenden, traurigen Besuch bei den Gänsegeiern habe ich den Zoo schnell wieder verlassen. So hatte ich mir den ersten Tag nach meiner Rückkehr nicht vorgestellt! :-(

3 Kommentare:

  1. Sehr geehrte Frau Boemans,

    vielen Dank, dass sie unsere Gänsegeier im Zoo Duisburg regelmäßig besuchen und ein so großes Interesse an den Tieren haben.

    Die zu der Fasanerie gehörige Geieranlage befindet sich gerade in Umgestaltung und wurde schon mit neuen Baumstämmen und Sitzgelegenheiten für die Tiere bestückt.

    Das Geierküken musste nach drei Wochen intensiver tierpflegerischer und tiermedizinischer Behandlungen eingeschläfert werden.
    Aufgrund der Vogelgrippe mussten die Geierpaare den gesamten Winter in Innenstallungen verbringen. Durch die ungewohnte Umgebung und die sehr späte Aufhebung der Aufstallungspflicht im Frühjahr, war nicht damit zu rechnen, dass die Geier in diesem Jahr überhaupt züchten würden. Normalerweise werden die Eltern, sobald die Zuchtsaison eintritt, hauptsächlich mit Futtertieren anstatt mit Rindfleisch gefüttert um eine ausreichende Kalziumversorgung für die Produktion des Eies zu gewährleisten. Diese Futterumstellung ist durch die besonderen Umstände in diesem Jahr ausgefallen. Umso erfreuter waren die Mitarbeiter des Zoos, dass das Geierpaar trotzdem ein Ei legte und ausbrütete. Leider erlitt das Küken eine Flügelfraktur des linken Unterarmes, was bei einer verminderten Kalzifikation der Knochen durchaus sehr schnell passieren kann, auch ohne größere Einwirkungen von außen.
    Das Küken wurde in Narkose gelegt und geröntgt, wodurch die Fraktur und der geringe Kalziumgehalt festgestellt wurden. Da die Frakturenden sehr nah beieinander lagen, war die Prognose gut und es konnte ein Flügelverband angelegt werden. Der Geier wurde von den Tierpflegern in Obhut genommen, mehrmals täglich gefüttert und von den Tierärzten mit Medikamenten und wechselnden Verbänden versorgt.
    Nach ein paar Tagen kam hinzu, dass das Küken seine Füße nicht richtig bewegen und belasten konnte. Erneute Röntgenaufnahmen konnten keinen Aufschluss über die Ursache geben. Um die Durchblutung und Belastung der Beine zu fördern, wurde eine Hängematte für das Küken gebaut, in der es mehrere Stunden am Tag saß. Unterhalb der Hängevorrichtung wurden die Füße auf Holz und Reisig gestellt. Die Pfleger führten mehrfach Physiotherapie durch, indem sie die Beine des Vogels bewegten und die Durchblutung anregten. Leider verbesserte sich der Zustand der Füße nicht.
    Das Küken war über die gesamte Behandlungsdauer sehr aktiv und hat von alleine Futter aufgenommen, was die Hoffnung auf Besserung versprach.
    Nach weiteren Tagen kam allerdings eine Pilzinfektion der Schnabelhöhle hinzu, die mit Sicherheit auf das geschwächte Immunsystem des Kükens zurückzuführen war. Das Tier hatte Atemnot und musste daher aus Tierschutzgründen nach dreiwöchiger intensiver Behandlungen euthanasiert werden.
    Solch eine Entscheidung fällt nach diesen Bemühungen besonders schwer und wird nicht leichtfertig getroffen. Vor allem für die Tierpfleger, die ein enges Verhältnis zu ihren Tieren haben, ist es nicht leicht, Beiträge wie den Ihren zu lesen.
    Das Geierküken ist nach dem Tod in die Pathologie gebracht worden und der Sektionsbefund steht noch aus.

    Falls Sie weitere Fragen zu dem Fall haben, zögern Sie bitte nicht, mich zu kontaktieren.

    Mit freundlichen Grüßen

    Carolin Bunert
    Tierärztin
    Zoo Duisburg AG

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  2. Sehr geehrte Frau Bunert,
    Vielen Dank für die ausführliche Information zum traurigen Tod des Geierkükens. Wirklich klasse, was Sie und die Tierpfleger alles versucht haben, um dieses schöne Tier zu retten!!! Umso trauriger, dass es trotzdem verstorben ist.
    Ich drücke den beiden Geier-Brutpaaren für die nächste Saison die Daumen, dass sie vor weiterem Vogelgrippe-Stress verschont bleiben und weitere gesunde Küken aufziehen können!!!
    Beste Grüße ans Zoo-Team,
    Bettina Boemans

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  3. Super Info von Frau Bunert, vielen Dank!
    Anja Anlauf

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