Mittwoch, 24. Oktober 2012

Ein Kondor startet durch

Nachdem gestern auf einen sonnigen, warmen Tag ein verregneter Nachmittag folgte, fing der Tag heute bereits verregnet an. Also rein ín den sexy Regenponcho und ab zum Karnickelstall, Häschen füttern. Leider ist ein weißes Karnickel über Nacht gestorben und wird bald als Kondorfutter enden. Ich werde mir wohl einreden müssen, dass auch die nächsten Karnickel alle auf diese Weise umkommen. Habe mich ja leider in ein braunes Prachtkarnickel verguckt, das ein hängendes und ein stehendes Ohr hat. Leider steht es dank seiner Größe ganz weit oben auf dem Kondor-Speiseplan. Überlege schon die ganze Zeit fieberhaft, wie ich es retten kann und habe sogar schon angefragt, ob man das Kerlchen nicht als Zuchtrammler nutzen könnte. Schnief, aber ich befürchte das wird nicht klappen.
Nach der Karnickelfütterung bekamen wir Nathan und ich eine kleine Führung durch die Hacienda Zulta, bei der wir nochmal jedem Angestellten, dem wir begegneten, vorgestellt wurden. Alle hier sind sehr nett und hilfsbereit, so dass ich mich direkt sehr wohlfühle.
Heute wurden wir sogar zum Kondor-Haus gefahren, da es den ganzen Morgen (bis mittags) in Strömen regnete.
Lang lebe der Schichtenlook, denn die Temperaturen schwanken hier im Minutentakt.
Als wir bei den Andenkondoren ankamen, hatte Kondor-Pfleger Miguel die Flattermänner bereits gefüttert und sie hackten genüsslich an ihrem Aas herum, trotz Regens. Auf einmal gestikulierte Miguel, dass wir uns umdrehen mögen. Nur ca. 10 m von uns entfernt stolzierte eine riesige, erhabene Gestalt durch das Gras: Ein wilder Andenkondor-Mann. Was für ein riesiges Federvieh!!! Nach ein paar Metern hatte er offenbar das Ende seiner Startbahn erreicht, nahm zweimal kräftig flügelschlagend Gas und Abflug. Wie der A380 unter den Geiern beschleunigte er quälend langsam, hob schwerfällig im strömenden Regen ab und es schien als würde er jeden Moment mit seinem stattlichen Bauch auf der Wiese auftitschen. Beim Anblick des Zaunes, der seine Flugbahn kreuzen würde, wurde mir Angst und bange. Kaum hatte er aber den Boden unter den Füßen verloren, da breitete er seine riesigen Schwingen aus, fand schnell seine Balance wieder und ließ uns seine würdevolle Eleganz beim Fliegen bestaunen. Was für ein wundervoller Start in den verregneten Tag!
Die Kamera hatte ich natürlich in diesem Moment NICHT griffbereit, aber so konnte ich den Moment wenigstens richtig genießen!
In Regenklamotten gehüllt begannen wir also unser Kondor-Beobachtungen, auch wenn die Viecher sich nicht wirklich viel bewegten. Auffallend ist, dass die Männchen sich während eines Regenschauers in der hinterletzten, trockenen Ecke der Voliere verstecken, während die tapferen Weibchen im Regen ausharren und sich nur hin und wieder die Federn richten.
Überall wachsen hier schöne bunte Flechten an den Bäumen, die im Regen sogar noch mehr an Farbe gewinnen.
Keine Ahnung, wie Nathan es geschafft hat, aber an einer riesigen grauen Felswand hat er weit entfernt tatsächlich ein junges Andenkondor-Weibchen entdeckt. Ich konnte sie ja nichtmal richtig auf dem Kameradisplay erkennen, obwohl ich bald genau wusste, wo sie saß. Hübsches Dinge! Aber warum sucht sie sich bei all den saftigen Wiesen und trockenen Unterschlupfen ausgerechnet einen winzigen Felsvorsprung aus, um den Regen abzuwarten?
Nachdem der Regen sich mittags halbwegs beruhigt hatte, begannen die Kondore ihre riesigen Flügel auszubreiten, um sich zu trocknen.
In einer anderen Voliere wurde hingegen den ganzen Tag wild geflirtet. Total süß den beiden dabei zuzuschauen, wie sie sich gegenseitig umgarnten!
Er ging immer wieder mit stolz geschwellter Brust und ausgebreiteten Flügen auf die zu, während er vor sich her zischte und mit seinen Brustfedern vibrierte.
Sie tat hin und wieder unnahbar, nur um kurz darauf doch wieder Schnabel an Schnabel mit ihn zu kuscheln.
Kleiner Spaziergang auf der Suche nach wilden Kondoren.
Das Kondor-Haus, in dem Veranstaltungen wie Pressetermine und Touristenführungen stattfinden.
Herrliche Aussicht aus einem der vielen Fenstern. Eigentlich sieht es aber in jede Richtung toll aus!
Und da sind sie, gleich zwei wilde Kondore auf einmal, die kreisend über die Bergwipfel schwebten.
Wilder, männlicher Kondor.
Und nun die Quiz-Frage des Tages: Was ist das???
Als kleine Denkpause hier noch einmal ein Blick zu dem verliebten Kondor-Pärchen....
Und als letzter Tipp: Die Lösung befindet sich auf folgendem Suchbild:
Des Rätsel Lösung:
Gegen "Feierabend" kreuzte plötzlich eine niedliche Lama-Herde nahe der Kondor-Volieren auf!!!
Ein besonders zotteliges Exemplar.
Die Viecher waren so zutraulich, dass ich mich direkt unter sie mischen konnte. Natürlich die ganze Zeit auf der Hut, dass sich nicht angespuckt werde... auch wenn ich das ziemlich witzig fände und sofort Beweisfotos machen würde ;-)
Was für ein Panorama!!!
Um mich rum hohe Berge, zottelige Lamas und über mir kreisende Andenkondore... jetzt weiß ich wirklich, dass ich tatsächlich in den Anden angekommen bin!!!
Gegen 15 Uhr machten wir uns nach Beendigung aller Kondor-Beobachtungen und der Lama-Fotosession auf den Heimweg, vorbei an einer großen Pferdeherde. Da jedoch sowohl Pferde, als auch Kühe und Lamas den ganzen Tag über hin und her getrieben werden, wird es wohl jeden Tag eine neue Überraschung sein, was uns so alles erwartet.
So sieht der gemütliche 2,5 km Weg durch die traumhafte Landschaft aus, den ich ab jetzt praktisch jeden Tag zu den Kondoren laufen werde.

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